
Offener Brief an Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Dorit Stenke vom 11.6.2025
Sehr geehrte Frau Ministerin Dr. Stenke,
80 Jahre nach der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz ist das Ergebnis einer von der Jewish Claims Conference in Auftrag gegebenen internationalen Studie erschreckend:
In Deutschland hat gut jede*r zehnte junge Erwachsene zwischen 18 und 29 Jahren noch nie etwas von den Begriffen Holocaust oder Schoa gehört.
Etwa 40 % wissen nicht, dass bis zu sechs Millionen Jüdinnen und Juden während der NS-Zeit getötet wurden. 15 Prozent sind sogar überzeugt, dass die Zahl der Ermordeten bei zwei Millionen oder weniger lag. Die Tatsache, dass derart große Wissenslücken (nicht nur) bei jungen Menschen bestehen, bereitet uns große Sorge, insbesondere angesichts des klaren Rechtsrucks in Politik und der Gesellschaft allgemein. Dieser beinhaltet, dass zunehmend relativierende Aussagen über den Holocaust öffentlich verbreitet werden – bis hin zu dessen Leugnung. In unseren Augen ist deshalb eine effektive Bildung über den Holocaust wichtiger denn je.
Die Hamburger Schulsenatorin Ksenija Bekeris (SPD) hat Anfang des Jahres angekündigt, dass alle Hamburger Schüler*innen zukünftig eine Gedenkstätte zum Nationalsozialismus besuchen sollen.
Sehr geehrte Frau Dr. Stenke, bitte setzen Sie sich dafür ein, dass zukünftig auch in Schleswig-Holstein alle Schüler*innen im Rahmen eines qualitativ hochwertigen Bildungsformats eine KZ-Gedenkstätte in Schleswig-Holstein besuchen können und die dafür notwenigen Strukturen geschaffen bzw. ausgebaut werden.
Dazu gehört die Verbesserung der Rahmenbedingungen an den Schulen, die insbesondere darin besteht, Zeit und Raum für die angemessene Vor- und Nachbereitung des Gedenkstättenbesuches sowie für den Gedenkstättenbesuch selbst zu schaffen. Außerdem sollte das Thema Gedenkstättenbesuche dauerhaft in die Lehreraus- und Lehrerfortbildung integriert werden und auch die personelle und infrastrukturelle
Situation an den KZ-Gedenkstätten in Schleswig-Holstein muss nachhaltig verbessert werden.
Natürlich gehört zu den infrastrukturellen Maßnahmen ebenfalls, die ÖPNV-Anbindung zu den KZ-Gedenkstätten in Schleswig-Holstein endlich zu gewährleisten und in angemessener Form umzusetzen.
Die unterzeichnenden Bündnisse, Initiativen, Verbände und Einrichtungen setzen sich zur Stärkung der Demokratie für ein vielfältiges und demokratisches Miteinander und einen friedlichen und respektvollen Umgang aller Menschen ein.
Solidarität ist unsere Antwort auf rechtsextreme Positionen.
Bundesbildungsministerin Karien Prien, ihre Vorgängerin im Amt, hat sich vor wenigen Tagen ebenfalls für den Pflichtbesuch einer KZ-Gedenkstätte für Schüler*innen ausgesprochen. Durch diese unerwartete Koinzidenz fühlen wir uns bestärkt und wir appellieren an Sie:
Bitte zeigen auch Sie eine klare Haltung gegen Demokratiefeindlichkeit und Rassismus!
Bitte setzen Sie sich für das von uns geforderte Bildungsformat und die damit verbundenen strukturellen Maßnahmen auf Landesebene ein!
Mit freundlichen Grüßen
Norderstedt ist weltoffen
Bündnis für Demokratie und Zivilcourage Kaltenkirchen
Bündnis für Toleranz Kellinghusen und Umgebung
Buntes Sülfeld
Das Herzogtum bleibt Nazifrei
Henstedt-Ulzburger Bündnis für Demokratie und Vielfalt
Meldorf ist bunt
Omas gegen Rechts Kreis Segeberg
Piratenpartei Deutschland Landesverband Schleswig-Holstein
Verein für Toleranz und Zivilcourage e.V. Neumünster
Runder Tisch gegen Rechts Eckernförde
Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten Schleswig-Holstein