Berührende Gedenkstunde an die Novemberpogrome 1938
Am Samstag, den 9. November versammelten sich ca. 50 Personen an der KZ-Gedenkstätte Wittmoor in Norderstedt, um an die Novemberpogrome vor 86 Jahren zu erinnern. Der Himmel war grau und mit 5°C war es auch nicht besonders warm. Vor dem Gedenkstein lag ein Blumenkranz und zwischen der Schleife brannte eine Kerze. Der Verein Chaverim – Freundschaft mit Israel und die Stadt Norderstedt hatten zur Gedenkstunde eingeladen.
Um 15 Uhr begann die Musik. Den Auftakt der Reden machte Christoph Plümer, Vorstandsmitglied des Chaverim Norderstedt. Ihm folgte Norderstedts Oberbürgermeisterin Katrin Schmieder. Beide sprachen von den Ereignissen vor 86 Jahren, von denen keine*r (oder die Menschen vorher nicht) geahnt hatten, dass sie möglich sein würden. Doch die düsteren Zeiten begannen bereits früher. Das KZ Wittmoor war eines der ersten deutschen Konzentrationslager und wurde 1933 errichtet. Es sollte zur Abschreckung und auch als Testobjekt für die späteren Konzentrationslager dienen. Es wurde nach knapp einem halben Jahr wieder aufgelöst, da die Insassen aus Sicht der NSDAP dort nicht ausreichend gequält und misshandelt wurden.
Herr Plümer und Frau Schmieder sprachen ebenfalls davon, dass viele Menschen sich, als die NSDAP bei den Wahlen an Macht gewann, nicht hätten vorstellen können, dass sie all ihre schrecklichen Pläne tatsächlich in die Tat umsetzen würden. „So schlimm wird es schon nicht werden“. Anlässlich der heutigen politischen Entwicklungen sollten wir uns jedoch immer fragen: „Wie weit können wir Kompromisse mit anderen eingehen, die Meinungen vertreten, die demokratischen Grundwerten widersprechen, und wann ist zu viel einfach zu viel?“
Beide sprachen auch von der Hoffnung in die Demokratie. Streit in der Regierung gehöre zu einer Demokratie dazu, ebenso wie das Auflösen einer Regierung – eine Demokratie lebe von verschiedenen Meinungen. Und es sei wichtig, sich umzuschauen und zu sehen, dass die große Mehrheit hinter der Demokratie steht und diese befürwortet. Es sei wichtig, für die Demokratie aufzustehen und den Mund aufzumachen – denn selbstverständlich ist sie nicht.
Den Abschluss der Reden machte Ayala Nagel, Vorstandsmitglied des Chaverim Norderstedt. Sie sprach von den Ereignissen am 7. November 2024 in Amsterdam, bei denen israelische Fußballfans nach einem Fußballspiel von überwiegend Jugendlichen durch die Straßen Amsterdams gehetzt und tätlich angegriffen wurden. Ein unfassbarer antisemitischer Pogrom mitten in Europa. Dieser Vorfall rufe bei Jüdinnen und Juden traumatische Erinnerungen wach und lasse einen fassungslos dastehen, so Ayala Nagel. Ebenfalls berichtete sie von dem Hass und wachsenden Antisemitismus, dem Jüdinnen und Juden seit dem 7. Oktober 2023 ausgesetzt sind. Ihre Worte waren sehr persönlich und berührten uns sehr.
Zwischen den Redebeiträgen spielte ein Posaunen-Trio und zum Ende der Veranstaltung wurden Kränze am Gedenkstein niedergelegt. Gegen 16 Uhr war die Veranstaltung beendet.
Wir als Bündnis waren bei der Gedenkstunde vertreten, da wir es wichtig finden, die Vergangenheit nicht zu vergessen, sondern sie in Erinnerung zu behalten und aus ihr zu lernen. Es tut gut zu sehen, dass auch anderen Menschen die Demokratie und die Erinnerung an die NS-Gräuel am Herzen liegen, denn nur als sichtbare Gemeinschaft sind wir stark.